Woher die Winde kommen,
Wohin die Winde gehn,
Hat Niemand wahrgenommen,
Hat Niemand eingesehen.
Ich aber hab’s empfunden,
Aus welchem Lebensschacht
Ihr Zug ist, und gebunden
An welche Zaubermacht.
Vom lichten Quell der Wonne,
Den trinket Herz und Strauch,
Wie Strahlen von der Sonne
Gehn aus die Winde auch.
Sie haben eigenmächtig
Die Welt mit Kampf erfüllt,
Wenn sich am Tage nächtig
Das Herrscheraug' umhüllt.
Doch wenn die Kön'gin kräftig
Ergreift das Regiment,
So dient ihr gleich geschäftig
Das wilde Element.
Und wie die gold’nen Zügel
In leichter Hand sie führt,
So haben sie die Flügel
Auf ihren Wink gerührt.
Das hab' ich in den Tagen
Des Sommers klar gesehn,
Wo ihren Siegeswagen
Sie läßt am höchsten gehn.
Ein frischer Nordoft hauehet,
So früh als ich erwacht,
Von dorther wo nun tauchet
Die Sonn' aus kurzer Nacht;
Der aus dem Morgenrothe,
Geht aus mit Morgenthau,
Und weckt als Morgenbote
Das Lied der Morgenau.
Dann steht sie auf den Pfosten
Des Bergs im vollen Schein;
Dann haucht es rein aus Osten,
Und haucht den Himmel rein.
Und wie sich dann südöstlich
Neigt ihre Fahrt gelind,
Halb frisch halb lau weht köstlich
Ein Morgenmittagswind
Und wo im Hochmittage
Sie stille steht wie müd,
Mit mattem Flügelschlage
Geht durch die Flur der Süd;
Bis nun sie gen Südwesten
In milder 'm Glanze schwebt.
Und jedes Blatt an Aeften
Des Zephyrs Hauch belebt.
Aufsetzet sie dann festlich
Den Abendwolkenkranz;
Da spielt ein Luftzug westlich
Durch Abendmückentanz.
Und wenn sie ganz am Abend
Neigt dem Nordwesten zu,
Haucht Abendnachtwind labend:
Die Herrin geht zur Ruh.
Doch ist es Nacht geworden,
Greift in die Aeolsharf'
Ein scharfer Hauch aus Norden,
Der jetzo spielen darf.
In schwellenden Akkorden
Tönt er die ganze Nacht,
Daß auch der starre Norden
Steht unter Sonnenmacht.
Unsichtbar unter'm Norden
Geht hin der lichte Trost
Der Welt, bis hell geworden
Von neuem der Nordost.