Eintrat auf Augenblick’ ein tiefes Schweigen

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Eintrat auf Augenblick' ein tiefes Schweigen,
  Und leis' eröffnet' ich die Augenlider,
  Zu forschen was dem Blick sich möchte zeigen.

Ich sah die Kerze, die still in sich nieder
  Hinbrennend auch alswie im halben Traume
  Zu horchen schien, und schloß die Augen wieder.

Das Meer, das sich bekrönt mit Wellenschaume,
  (So kam es droben jetzt herab gequollen)
  Birgt reiche Schätz' in seinem weiten Raume.

Es muß das feste Land ihm Steuern zollen,
  Die, wenn sie nicht gutwillig sind entrichtet,
  Gefordert werden von dem Meer mit Grollen.

Es sind dazu die Stürme ihm verpflichtet,
  Und soviel Mannschaft hat es auszurüften,
  Als Wellen über Wellen sind geschichtet.

Mit denen schlägt die empörten Küsten
  Und nimmt von ihnen hin mit unversteckter
  Gewalt soviel, als ihm nur mag gelüsten.

Einst war noch seine Herrschaft ausgestreckter;
  Da alles, was jetzt festes Land sich nennet,
  Ein Meeresboden war, ein fluthbedeckter;

Davon die Spuren man noch jetzt erkennet,
  Nachdem das Land selbstständ'gen Schein gewonnen
  Und seinen Staat vom Muttermeer getrennet.

Das Land ist doch dem Meere nicht entronnen:
  Und wie es auch dagegen sich verbündet
  Mit seiner Flüsse hunderttausend Bronnen,

Die Flüsse alle sind in's Meer gemündet
  Und schöpfen alle, um nicht zu versiegen,
  Aus Meeres Quellen, die kein Blei ergründet.

Solange nicht die Menschen lernen fliegen,
  Was hoffentlich noch ansteht eine Weile,
  So müssen sie sich anvertraun den Wiegen

Der stürm'schen See, sobald von einem Theile
  Sie ihres Land's zum andern wollen fahren;
  Dann sind sie doch mit ihrem ganzen Heile

In Meeres Hand, dem sie die schönen Waaren,
  Die sie sich holen, lassen gern zur Beute,
  Wenn es nur will ihr eignes Leben sparen.

Den Zehenten der Sachen und der Leute
  Nimmt sich's und wirft die Trümmer aus am Strande,
  Wann es ein Weilchen sich des Spielwerks freute.

So kann das Meer entbehren wohl der Lande,
  Die Lande können nicht des Meers entrathen
  Zu ihrem allgemeinen Weltverbande.

Und wie das Land bevölkert ist in Staaten
  Und gern sich rühmt der Menge seiner Kinder,
  Auch prangt mit Hügeln, Feldern, Wäldern, Saaten;

So ist das Meer bevölkert Um nichts minder;
  Nur daß nach Klassen, Ordnungen und Rotten
  Sich droben alles theilen läßt geschwinder

Als hier, wo tief in den krystallnen Grotten
  Noch ganze Lebensgattungen, versteckt,
  Der Forschungen und des Erforschers spotten.

Meerwunder! ruft ihr, wenn ihr was entdeckt,
  Worüber wir uns wundern nicht von ferne;
  Wir sind gewohnt, was staunend euch erschreckt.

Euch sind es Himmelshörner, Meeressterne.
  Ihr solltet in Korallenwäldern dürfen
  Erst wandeln, Stoff da gäb' es, daß man lerne.

Doch eure matten Lungen müssen schlürfen,
  Damit sie athmen können, jene Dünste
  Der Luft, die wir hier unten nicht bedürfen.

Drum werden eurer Lernbegierden Brünste
  Lang ungestillt noch bleiben fern vom Ziele;
  Doch habt ihr schon von uns gelernt viel Künste.

Ein Beispiel sei das Schiff mit Mast und Kiele:
  Ihr wäret nie gekommen zum Begriffe
  Von einem Kahn ohn' unsre Muschelfpiele.

Ihr baut nun freilich größer eure Schiffe;
  Doch könnt ihr sie wohl auch so sicher bauen,
  Als die, die ohne Furcht vor Sturm und Riffe,

Sich allen Meeresfluthen anvertrauen,
  Und ohne daß ihr Steuermann, der dreiste,
  Nach einein Kompaß ängstlich braucht zu schauen?

Soviel fehlt, daß mit Menschenwitz man leiste,
  Was eine Muschel ganz ohn' Anstoß thut,
  Getrieben vom elementar'schen Geiste.

Und wenn ihr nun mit ausgesuchtem Gut
  Der ganzen Welt ein einzig Schiff betrachtet,
  Indeß die Perl' im Muschelschifflein ruht;

Wie müssen alle Güter, die ihr achtet,
  Euch doch erscheinen in gar armer Blöße,
  Wenn ihr des Raumes Unterschied betrachtet,

Vergleichend eures Schiffes Riesengröße
  Mit jener Muschel inhaltschwerer Kleine!
  Das sag’ ich, daß ich Achtung euch einflöße;

Denn solcher Muscheltöchter bin ich eine.
  Ich denke doch, ist er gleich unvergleichlich,
  Daß ich mich auch mit einem Edelsteine

Vergleichen darf. Bin ich wohl selber weichlich
  Zu nennen gegen seine feste Strenge,
  Auf andre Art ersetz' ich's wieder reichlich,

Durch meiner sanften Eigenschaften Menge.
  Wir wollen uns darum nicht grimm geberden;
  Die Welt ist für zwei Edle nicht zu enge.

Du bist der Edelste vom Mark der Erden,
  Ich von des Meeres heilig stillem Wasser;
  Drum sollen allweg wir verbunden werden.

Du werde nicht vor Zorn darüber blasser,
  Ich will nicht röther werden vor Erbitterung;
  Mir ziemt kein feur'ger Blick, und dir kein nasser.

Nun höre meines Lebenslaufes Klitterung!