17.
Du hast bereits gesprochen von den Juden,
O Schwester Perl', und was du da erduldet,
Du hast bereits gesagt auch von den Buben.
Ein gleiches Schicksal traf mich unverschuldet;
Das Herbe konnt' es wenig mir versüßen,
Daß ich mich sah umsilbert und umguldet.
Gesprungen wär' ich gern mit nackten Füßen
Zum Schacht zurücke, doch, einmal ergriffen
Vom Lebensstrom, mußt' ich die Lust nun büßen.
Nur Eines hab' ich nicht von dir begriffen,
Was du gesagt von deinem Bildungsgange;
Ich blieb, wie ich gewesen, ungeschliffen.
Ich rolle durch die Welt nun ziemlich lange,
Nicht ohne da und dort hart anzustreifen,
Doch nie erlag ich ihrer Feilen Zwange.
Wohl weiß ich, daß man Steine pflegt zu schleifen,
Und daß es dienet, ihren Glanz zu mehren;
Doch hin und wieder mag auch einer reifen,
Der, um zu glänzen, kann des Schliffs entbehren;
Und weil ich mich als einen solchen fühle,
So werd ich standhaft mich in dem Stück wehren.
Sonst scheu' ich mich vor nichts im Weltgewühle,
Es gilt mir gleich, in welche Hand ich falle,
In eine warme oder eine kühle.
Und sei es keine Hand, sei's eine Kralle,
Ich bin auf jeden schlimmen Fall gerichtet,
Weil ich gleich anfangs war im schlimmsten Falle.
Auf Gutes-wirken hab' ich ganz verzichtet,
Weil ich einmal das Gegentheil ersprießen
Daraus gesehn, so wie ich dir berichtet.
Und weil ich nun mein Licht nicht kann verschließen,
Seit es einmal entflossen seinem Schachte,
So lass' ich denn in alle Welt es fließen.
Ich achte nicht darauf, wer auf mich achte,
Weil ich die Menschen gar nicht so befunden,
Wie ich von ihnen den Begriff mir machte.
Wie wenig giebt es doch verständ'ge Kunden!
Die Kinder greifen nach gefärbtem Glase,
Von dem ein Edelstein wird überwunden.
Doch daß anch Männer mit hochweiser Nase
Sich täuschen lassen von dem falschen Scheine,
Das weiß ich, und du weißt es auch, o Base.
Unächte Perlen giebt's und böhm'sche Steine,
So täuschend, daß ich einen oft erblickend
Selbst meines gleichen anzutreffen meine.
Das ist am allermeisten unerquickend,
Daß sich so breit darf machen das Unächte,
Das Aechte selbst mit falscher Scheu bestrickend.
Doch wüßt' ich einen Weg wohl, wie die Mächte
Des Glücks unächtes könnten so verwenden,
Daß ihnen Dank dafür das Aechte brächte.
Unächt Verdienst giebt es an allen Enden;
Das sollte mit unäehten Orden flimmern,
So brauchte man nicht ächte zu verschwenden.
Wie aber komm' ich hier zu solchem Wimmern,
Wo ich, der ächte, zu so ächtem Throne
Gelangt bin, daß ich kann zufrieden schimmern!
Zufriedner könnk ich’s nicht an Königs Krone.
So will ich denn auf ewig hier vergessen,
Was in der Welt mir widerfuhr zum Hohne.
Was ich besaß und was mich hat besessen,
Zerstoben sei es in der Liebe Hauche,
Daß keine Spur an mir mehr hafte dessen!
Geläutert fühl' ich mich vom Erdenrauche,
Ich sehne mich nicht zu des Schachtes Tiefe,
Wie ich mich hier in's Meer der Liebe tauche.
O Schwester, du von gutem Adelsbriefe!
Laß uns're edlen Stimmen uns verschlingen,
Ob auch kein Ohr hier wäre, das nicht schliefe,
Laß uns der Lieb ein lautes Loblied singen!