Der Ernährer.

                             1812.

Ich bin der Geist, der Allen Leben haucht,
  Durch alle Schöpfungsreiche geht mein Schalten
  Mit Speisen manichfach; nehmt, was ihr braucht!

Als gist'ger Schwaden zieh' ich durch die Spalten
  Des Erdenbaus; du formlos starrend Erz
  Saug ein den Dampf, daß du dich kannst gestalten!

Als Quellenrauschen sprudl' ich oberwärts!
  O Pflanze, die, du still dein Leben keimest,
  Schlürf ein dein Blut, und fühl nicht Lust noch Schmerz;

O Thier, das du von Gier und Wollust schäumest,
  Schling ein des trägen Erdestoffes Raub,
  Auf daß du träg' am Boden hangend träumest!

Doch wenn du dumpf lang hast genaget Laub,
  Beflügl', o Raupe, dich zum Schmetterlinge,
  Und trinke sterbend reinen Blüthenstaub!

Du aber, nicht gebannt im Erdenringe,
  Erhebe dich, o Menschenangesicht,
  Und nimm die geist'ge Kost, die ich dir bringe!

Nimm ein den Ton der Nacht, des Tages Licht,
  Und schaff aus dir sie um in Glanz und Lieder,
  Durch Zung' und Auge, wenn es blickt, sie spricht,

Zeuch in dich meiner Lüfte Athem nieder!
  Den Himmel ziehst du hauchend in dich ein,
  Dann strömst du hauchend dich zum Himmel wieder.

Im Kuß der Liebe schlürfst du meinen Wein;
  Und wenn ihr tauschend schmecket eure Wonnen,
  Mußt du dem Weib, das Weib dir Speise sein.

Dir aus dem Erdschacht quillt der Freude Bronnen,
  Das Blut der Traube strömt zum Göttermahl,
  Und die Begeistrung schöpfest du in Tonnen.

Doch aus den Höhen zuckt herab mein Strahl,
  Und zündet an die Nahrung deinem Denken,
  Dich sengend mit des Durstes süßer Qual.

Jemehr du trankst, somehr willst du dich tränken,
  Bis ganz es glücket deiner Sehnsucht Schwung,
  Sich sterbend in den Uarquell selbst zu senken;

Denn nur der Tod ist eure Sättigung.