Der Busenfreund.

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Wer selbst nicht schweigen kann von seinen künft'gen Thaten,
  Der klage nicht, wenn ihn sein Blutsfreund wird verrathen.
Ein Abenteurer will des Königs Krone stehlen,
  Und kann den kühnen Plan im Herzen nicht verhehlen.
Nachts auf dem Lager sticht ihn das Geheimnis so,
  Daß er nicht anders kann, er sagt es seinem Floh.
Mit spitzen Fingern hält er ihn und spricht: Bewährter,
  An Sohnes Statt, o Freund, mit meinem Blut genährter;
Verrathen wirst du's nicht, ich will dir's nicht verhehlen,
  Daß ich dem König will im Schlaf die Krone stehlen.
Bewahr' in treuer Brust, was man vertraut dir hat,
  Und trinke dich mit Lust an meinem Blute satt.
Er sprach's und ließ den Floh ans seinen Fingern schlüpfen,
  Den Busensreund zurück in seinen Busen hüpfen.
Da hat noch in der Nacht der Mann sich aufgemacht,
  Und sagt' er's nicht dem Floh, hätt' er's mit Glück vollbracht.
Er schlich in's Schloß sich ein und sah bei Kerzenschein
  Den König aus dem Thron von Gold und Elfenbein.
Der König, alles schlief um ihn, schlief auf dem Throne,
  Und auf dem Haupte hing schlaftrunken ihm die Krone.
Der Räuber unter'm Thron hat leise sich verkrochen;
  Ob alles sicher sei, lauscht er mit Herzenspochen.
Der Floh -- er hat den Floh im Busen mitgetragen --
  Empfindet bei dem Schlag des Herzens Unbehagen,
Entspringt zum Thron, erkeckt sich an den König, leckt
  Mit scharfem Zahn sein Blut, das ihm gar lieblich schmeckt.
Der König ruft ersehreckt: Zur Hülf'! ich bin erstochen!
  Der Mörder meines Schlafs, wo hat er sich verkrochen?
Da springt ein Wächterchor vom Schlummer rasch empor,
  Und zieht aus dem Versteck den zitternden hervor.
Der, schmählich strauchelnd an der Schwelle großer Thaten,
  Nun umkam jämmerlich, von seinem Floh verrathen.