Als nach Aegypten Abraham
Mit seinem Weibe Sara zog,
Und an der Gränze schon vernahm,
Daß drin ein König Unbill pflog,
Den Männern ihre Weiber nahm,
Und sie in seinen Harem zog;
Ließ er noch auf den letzten Rasten
Für Sara machen einen Kasten,
Und ein Kamel damit belasten.
Als er nun bei der Gränze Zoll
Nicht wollt' angeben, was er führt,
Und seinen Kasten öffnen soll,
Der Zöllner hat den Fund erspürt:
»Der Kasten ist von Schatzgut voll,
Das nur dem Könige gebührt.
Wir müssen's gleich nach Hofe senden;
Du magst, und nicht mit leeren Händen,
Dahin um Rückgab' auch dich wenden.«
Doch Tugend braucht nicht fremde Hut,
Sie hütet selber ihre Thüren.
Der König will in trunkner Wuth
Die Hand nach ihrem Schleier führen;
Doch in der Hand erstarrt das Blut,
Daß er daran kein Glied kann rühren
Erschrocken ruft er: »Zauberin!«
»Nein,« spricht sie, »dessen Weib ich bin,
Dem Freunde Gottes gieb mich hin.«
Lust hat er nicht, zurückzugeben
Die schöne Patriarchenfrau
»Darf nicht die Hand den Schleier heben,
Doch wohl vergönnt ist eine Schau?«
Die Blicke läßt er lüstern schweben,
Doch vor den Augen wird's ihm grau,
Von Blindheit fühlt er sich geschlagen,
Er muß dem Sehen auch entsagen,
Will er nicht gar die Augen wagen.
Wer kann die starre Königshand,
Den Staar des Königsauges heilen?
Der Patriarch ist es im Stand,
Man muß ihn holen ohne Weilen,
Und ihm, so viel er gut befand,
Für die Bemühung Lohn ertheilen.
Reich führt der unbescholtne Mann
Sein Weib und all sein Gut von dann,
Das ihre Schönheit ihm gewann.