Was hilft mir, daß die Blick’

                       23.

Was hilft mir, daß die Blick' ich lasse schweifen
  Die Fluren durch, den lieben langen Tag?
  Da ich mit keinem sie doch zu ergreifen,
  Die jenseit dieser Berge wohnt, vermag!
  So daß die Blüthen blühn, die Früchte reifen,
  Und mir von beiden wird kein Lustertrag.
  Drum mögen doch die eiw'gen Nächte säumen.
  Und ich von der, die ich nicht sehn kann, träumen.

                      24.

Mein Liebchen ist zum Himmel aufgestiegen,
  Ich weiß es nicht, wie sie hinauf gekommen.
  Ob sie gemocht auf Liebesflügeln fliegen,
  Ob sie von Reiz zu Reiz emporgeklommen;
  Der Himmel widerstand nicht ihren Siegen,
  Mit einem Blick hat sie ihn eingenommen,
  Und hat davongetragen die Trophäen,
  Die alle Welt nun mag an ihr erspähen.

                      25.

Die Sonne nahm sie in ihr Aug' gefangen,
  Wo sie nun schöner als am Himmel wacht,
  Die Morgenröthe steht auf ihren Wangen,
  Der junge Tag auf ihrer Stirne lacht.
  Und nicht die Nacht ist ihrem Raub entgangen,
  In ihren Locken hing sie aus die Nacht:
  Die Nacht, dort prangend einst im Sternenkranze,
  Schmückt nun als Haar sich mit Juwelnglanze.

                      26.

Du trämtest jüngst, mit silberweißer Seide,
  Geliebte! habest du dich angethan,
  Um blendend rein, im flekkenlosen Kleide,
  Wie meiner Braut es ziemt, mich zu umfahn;
  Als deine Blick' im Traum zu Großem Leide
  Mit Schrecken doch an dir noch Flecken sahn;
  Da fürchtetest mein Herz du zu verlieren,
  Säh' ich kein fleckenloses Kleid dich zieren.