Komm, süße Ros’

                     22.

Komm, süße Ros', und laß uns brechen Rosen,
  Eh' Lüft' und Stunden uns die Rosen brechen
  Wenn ew'ge Dauer dir versprechen Rosen,
  So denk, daß unerfahrne Rosen sprechen,
  Und bald, wann Mittagsgluthen stechen Rose,
  Der Reue Stachel wird die Rosen stechen.
  Drum, eh' uns Lüft' und Stunden brechen Rosen,
  Komm, süße Ros', und laß uns Rosen brechen.

                     23.

Rosa Maria! komm, mein süßes Kind!
  Mein süßes Kind, o komm, Rose! Maria!
  Festtag ist heute, Schenkwirth Frühlingswind
  Hat aufgethan der Blumen Osteria.
  Horch, Tanz und Sang, Gesang und Tanz! Geschwind
  Und laß uns machen eine Allegria.
  Rosa Maria! von zwei und zwanzig sind
  Nur noch zwei Stunden bis Ave Maria.

                     24.

Der Schlummer sinkt aus nachtgeschwärzten Lüften,
  Und seinen Mohnsaft trinkt die Schöpfung nun.
  Selbst Echo schlummernd schweigt in Bergeslüften,
  Und am Gestad leisathmend schläft Neptun.
  Es schläft das Schwert, entschnallt des Kriegers Hüften;
  Die Pflugschaar ruht und läßt den Pflüger ruhn,
  Wollt nun auch in der Welt voll Schlummerdüften,
  Zwei Augen, die ihr mein seid, zu euch thun!

                     25.

Ich lieb', und viele lebten, die, wie ich,
  Geliebt, und nun die Lieb' im Grab verträumen;
  Und viele werden leben, die, wie mich,
  Die Liebe tränken wird mit ihren Schäumen.
  Doch einer, dessen Kummer meinem glich,
  Blieb' ungeboren in der Vorzeit Räumen;
  Und einen, der wird lieben, wie ich dich,
  Wird lang die Zukunft zu gebären säumen.