Ihr zauberischen Augen

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                  46.

Ihr  zauberischen Augen, im Besitze
  der Macht, entzwei zu blicken Stein und Mauer;
  Ihr, gegen deren Liebeshimmelsblitze
  Nicht Irdisches mag halten Stand und Dauer!
  Ihr könntet wohl mir öffnen eine Ritze
  Auch durch die Wand, die jetzt gereicht zur Trauer
  Der Liebe, die nach eurem Gartensitze
  Hinein nicht blicken kann von ihrer Lauer!

                  47.

Dort eines Hauses lustiger Altan
  Ist meines Liebeshimmels Horizont,
  Wo meine Augen die Geliebte sahn
  Als Sonne bald und bald als stillen Mond.
  Sie hat herab von jenem Hinnnelsplan,
  Wie oft! geläehelt mondlich und gesonnt;
  Doch hah' ich zu dem Himmelsplan hinan,
  Zu Mond und Sonne steigen nie gekonnt.

                  48.

Hast du schon angethan dein Schlafgewädchen?
  Die Schöpfung ruht im Sternennachtgewande.
  Dem schönen Haupt gelöst das Lockenbändchen?
  Ich trage fest um's Herz die alten Bande.
  O so wie du die schönste bist im Ländchen,
  So würd' ich sein der glücklichste im Lande,
  Wenn einen Augenblick mein leises Ständchen
  Dein Fenster aufzuschließen wär' im Staude.

                   49.

Sie sprach, du gehst zu mir auf einem Gange,
  Worauf dem Schützen du am Himmel gleichest;
  Du wandelst zwischen Skorpion und Schlange,
  Und Liebe will, daß du mit Vorsicht schleichest;
  Ich sprach: Mir macht nicht Gift noch Stachel bange,
  Weun du dafür mir süßen Nektar reichest.
  Sie küste mich, und sprach mit blasser Wange:
  Doch Liebe will, daß der Gefahr du weichest!