Die Liebe kam

                        54.

Die Liebe kam, und stieß mit mir vom Land,
  Umschwärmt von Amorinen, und Amoretten,
  Die, wimmelnd durch des Schiffes Raum und Rand,
  Anstatt der Taue spannten Blumenketten.
  Sie wiegten sehr und schaukelten; es stand
  Der ernste Steuermann, die Fahrt zu retten,
  Und sprach: Vernunft, nun stärke meine Hand!
  Sonst wird das Schifflein sich im Abgrund betten.

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Gehöret hab' ich, daß hinauf am Pol
  Es geben soll ein kühles Winterland,
  Wo, alsobald dem Schützen nahet Sol,
  Die ganze Erde deckt ein Schneegewand,
  Und scharfer Frost krystallne Brücken hohl
  Spannt über Fluß und Meer, von Rand zu Rand.
  Dort jetzo möcht' ich sein, und sehn, ob wohl
  Daselbst sich kühlte meines Busens Brand.

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Ein Blumenmund-entsognes Seelengift,
  Ein Todeswurm in reifer Lebensfrucht,
  An Rosenbrust ein blut'ger Dornenstift,
  Ein Schlangenbrutnest unter Blumenzucht,
  Ein Winterfrost auf blühnde Frühlingstrift,
  In Edens Gärten eine Höllenschlucht,
  Ein Feuerstrich durch Himmels Sternenschrift,
  Das bist du, Schmach der Lieb', o Eifersucht!

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Weißt du die Mähr, wie hier einst der Titan
  Zum Lohn des Uebermuthes auf die Brust
  Die Bürde dieses Eilands mußt' empfahn?
  Die Straf' ist es, die jetzt an mir du thust.
  All' diese Berge, die mich glücklich sahn,
  All' diese Felsen, Zeugen meiner Lust,
  Hat mir zerquetschend auf das Herz gethan
  Dein strenger Zorn und meines Glücks Verlust.