Wenn der Titan

                     58.

Wenn der Titan, dem auf die Brust gelegt
  Dies Eiland ist, sich regt in seinen Schmerzen,
  Wird Meer und Land von Mitgefühl bewegt,
  Es bebt die Erd', und sich die Lüfte schwärzen,
  Der Abgrund gähnt, aus Bergesrachen schlägt
  Der Grimm des Riesen in geschmolznen Erzen.
  Doch wie der Schmerz in meiner Brust sich regt,
  So bebt davon kein Fels in deinem Herzen.

                     59.

Ixions Qual, die um sich selber kreiset,
  Auf's Rad gelegt, sich ewig hascht nnd flieht;
  Sisyphus, der, wenn er sich glücklich preiset
  Am End zu sein, sich neu am Anfang sieht;
  Und Tantalus, der in Gedanken speiset,
  Was spottend ihm die Wirklichkeit entzieht:
  Die drei der Hölle Musterqualen weiset
  Euch auf hier meines Busens Schmerzgebiet.

                      60.

Scyll' und Charybdis, wo, vom Sturm getrieben,
  Der Schiffer zwischenschwebt, der schreckenblasse,
  Dem bange nur Erwartung ist geblieben,
  Von welcher Seit' ihn das Verderben fasse!
  So schwebt verloren zwischen Haß und Lieben
  Dies Herz, das ich dem Schicksal überlasse,
  Von welcher Seit' e5 sein soll aufgerieben,
  Von seiner Liebe oder deinem Hasse.

                      61.

Verlorne Seelen, denen das Gewicht
  Der Sünden hat des Lebens Stab gebrochen;
  Ergangen ist ein schrecklicher Gericht
  An mir, als über euch ist eingebrochen.
  Denn Euch gesagt hat, wer das Urtheil spricht,
  Warum er euch das Urtheil hat gesprochen;
  Doch mich verwirft der Herrin Angesicht,
  Und sagt mir nicht, was ich an ihr verbrochen.