Als Polyphem, der Ries’

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Als Polyphem, der Ries', in Acis Arm
  Einst Überrascht die Nymphe Galatee;
  Ein Felsstück schleudert' er, und sprudeln warm
  Daß Blut des Lieblings floß, ein Bach zur See,
  Als Thyrsis in der Nebenbuhler Schwarm
  Fand seine Chloris, ward er bleich wie Schnee;
  Nicht wüthet' er, er schmolz in stillem Harm,
  Und ward, zu Füßen ihr, ein Bach im Klee.

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Als ein Verliebter bin ich auf der Flur bekannt,
  Wie in der Stadt bekannt ist ein Verrückter.
  Die Felsen rufen: Brüder! haltet ihm nicht Stand!
  Mit seinen Klagen euer Herz zerstückt er.
  Die Quellen: Schwestern! laßt ihn nicht an euern Rand!
  Mit seinen Tränenströmen euch erdrückt er.
  Die Blumen: Kinder flieht! erreicht euch seine Hand,
  Ia seiner Rose Namen euch zerpflückt er.

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Warum verhüllst du, wann ich blick' empor,
  In schwarze Nacht der Wange Morgenröthen?
  Kommt es dir wohl zu überschwenglich vor?
  Wenn sie mir einen hellen Frühgruß böten?
  Meinst du, daß deiner Reize lichten Chor
  Die Schatten der Verschleierung erhöhten?
  O nein! du glaubst. daß, ungedämpft durch Flor,
  Die Feuerstrahlen deiner Augen tödten.

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Du zürnst, in deinem Spiegel zu entdecken,
  Daß auch auf deiner Wange Frühlingsflur
  Der Sommer schon (wie durft' er sich's erkecken?)
  Ia leichten Fleckchen zeichnet seine Spur.
  O laß den Flor der Nacht den Spiegel decken,
  Und sieh hinauf zum leuchtenden Azur!
  Dort sind mehr Stern' als auf der Wange Flecken,
  Und jeder Stern ist eine Zierde nur.