Du, reizender als Ceres Tochter

                       74.

Du, reizender als Ceres Tochter, Kora,
  Die jeden Lenz als neue Blume spriest!
  O schöner du und milder als Aurora,
  Die liebend in der Sonne Kuß zerfließt!
  O du, in meinen! Herzen waltend, Flora!
  Es blüht, solang' es deinen Blick genießt;
  Du meines Hoffnungshimmels jüngste Hora,
  Die mit dem Blick ihn öffnet oder schließt!

                       75.

Du bist ein sichtbar werdender Gedanke
  Der Liebe, die im dritten Himmel denkt;
  Du bist von Eben eine Blüthenranke,
  In ird'schen Grund des Daseins eingesenkt;
  Du bist ein Tropfen von der Götter Tranke,
  Mir in des Herzens Becher eingeschenkt;
  Du bist ein Sonnenblick in Körperschranke,
  Die helle macht der Glanz, den sie umschränkt.

                       76.

O Pilgerseelchen, mit des Leibes Kleide
  Leicht angethan zur Lebenspilgerfahrt!
  Du ziehst nicht, andern Pilgern gleich, im Leide,
  Weil ja kein Leid von dir verschuldet ward.
  Du siehst, als wie zur Lust, in bunter Seide,
  End Liebesscherze ziehn um dich geschaart.
  So ziehst du mit, ein Bild der Augenweide
  Den andern Lebenspilgern ernstrer Art.

                       77.

O Frühlin, ew'ge Liebesmelodie,
  Unausgetönt von allen Nachtigallen,
  Unausgeblüht von allen Rosen, wie
  Unausgefühlt von Menschenherzen allen!
  So Fühling, wie du's nun bist, warst du nie,
  Und nie so Frühling wirst du wieder wallen; ·
  Denn nun zum Frühling macht dich blutend Sie,
  Und sonst nur Blicke, die der Sonn' entfallen.