An die Dichter: 1., 2.

               An die Dichter.

                         1.

Deutsche Dichter, im Gemüthe
  Hegt ihr oft gar schöne Fülle,
  Leider, daß nur aus der Hülle
  Meist Verkrüppelt kommt die Blüthe.
  Dann spricht wohl des Lesers Güte:
  Dieses war doch gut gemeint,
  Wenn es auch nicht rund erscheint.
Laßt vom Beifall fauler Richter,
  Schaffende, euch nicht bethören,
  Fluth zu sprühn aus wilden Röhren,
  Glühn zu lassen wirre Lichter.
  Maaß, und Mauß nur, macht den Dichter;
  Grundstein zwar ist der Gehalt,
  Doch der Schlußstein die Gestalt.
Gebet ihr aus euren Schachten
  Edelsteine mir und Gold,
  Wenn ihr's roh mir geben wollt,
  Werd' ich's nur als Stoff betrachten.
  Gebt's in Form, so werd' ich's achten;
  Denn das muß ich gelten lassen,
  Was ich nicht kann besser fassen.

                          2.

O erniedrigt euch nicht selbst, Poeten,
  Daß ihr euch zu Liebesflöten dämpft!
  Gott hat euch gemacht zu Schlachttrompeten;
  Blast der Schlacht vor, die für's Licht sich kämpft!
Geister sind aus Gassen los und Straßen,
  Geister schwärmend in poet'schem Dunst.
  Keine Kunst ist, Geister los zu lassen;
  Kunstgerecht sie binden ist die Kunst.