Goethe; 3., 4., 5.

               3.

Der euch das Kreuz
  Mit Rosen umwunden,
  Hat er vor euch
  Nicht Gnade gefunden?
Nein, ihr seid stolz,
  Am nackten zu hangen.
  Laßt mir das Kreuz,
  Von Rosen umfangen!

                4.

Daß wir in den funfzig Jahren
  Solche Riesenschritte thaten,
  So auf höh're Stufen traten,
  So gar himmelan gefahren,
  Wie wir uns zu rühmen pflegen,
  Eines, scheint mir, zeugt dagegen:
Daß in Schriften unsres Goethe --
  Den mit ihrem Eulenblick
  Unsre neuste Kunstkritik
  Kaum läßt als die Morgenröthe
  Gelten, her vor'm Tag gesendet,
  Dessen Vollschein itzt uns blendet  --
Daß in dieses Goethe Schriften,
  In dem buntesten Gemische,
  Blumen gleich auf Frühlingstriften,
  Alles noch hat solche Frische,
  Was nun müßte sein veraltet,
  Hätte Neues sich entfaltet.

                5.

Gleichwie ein Mann, der halb im Wachen träumet,
Nicht rechte Kunde von der Tagzeit habend,
Aufschaut zum Himmel, und, die Blicke labend
An einem Roth, das dort die Wolken säumet,