Goethe; 5., 6./Goethe’s letztes Wort

Nicht weiß, ob es ist Phöbus, welcher zäumet
  Die Reihe, aus zu neuer Tagfahrt trabend,
  Oder ob Phöbus, der die Ross' am Abend
  Entschirret und der Nacht den Rennplatz räumet:
So schau' ich selbst empor, verwirrt im Dunkeln;
  Am Himmel unsrer Dichtkunst seh' ich G o e t h e,
  Und frage zweifelnd, was es soll bedeuten,
Ob Abendroth, versunken Tags Nachtfunkeln,
  Ob künftigen Tags Verkünderin Morgenröthe?
  Mir ist, als hör' ich Abendglocken läuten-

                         6.
                       (1832.)

Um Frühlingsanfang ist ein Baum gefallen,
  Der unsrer Väter Kindheit schon umblühte,
  Mit Goldfrucht unsrer Wieg' entgegen glühte,
  Und uns solange ließ im Schatten wallen.
Des immergrünen Laubes Nachtigallen
  Erschlossen klangvoll der Natur Gemüthe,
  Und her vom Wipfel schaut' ein Aar und sprühte
  Noch Weltverklärungsblitz' aus morschen Krallen.
Schämt euch, die ihr am alten Stamm, ihr Knaben,
  Das Moos gerupft, vor Männern, die in seiner,
  Bewundrung sich herangebildet haben!
Wo Goethe stand, galt größer nichts noch kleiner;
  Er ging, nun zeigt wetteifernd eure Gaben!
  Doch derer, die ich kenn', ersetzt ihn keiner.

               Goethe's letztes Wort.

         Stets des Lebens dunkler Seite
         Abgewendet wie Apoll;
         Daß er Licht um sich verbreite,
         War der Ruf, der ihm erscholl.