Ihr letztes ist das Blühn, nicht erstes, zweifelsohne:
Dann stirbt sie, wann sie aufgesetzt die Blüthenkrone.
Wie in der Jugend auch als Raupe kriegt, im Alter
Die blüthengleiche Schwing' entfaltet der Zweifalter.
Doch fragst du, wo denn sei des Alters Schwing und Blüthe?
So sag' ich: außen nicht, doch innen im Gemüthe.
Das ist die Blüthe, die hier athmet Seelenduft,
Dies Sylphenfllügelpaar trägt über Welt und Gruft.
36.
Sieh, wie die Phantasie des Frühlings einen Baum
Mit Blumen dort besät, hier schmückt den Blüthenbaum,
Worin ein ganzer Wald von Trieben ist vereinigt,
Doch hat er seine Kunst wie hier auch dort bescheinigt;
Wie dich ein Dichter freut, ob einzeln er verstreut
Viel Schönes, ob er dir ein schönes Ganzes beut.
37.
Du hast ein Saitenspiel, ganz rein in alten Saiten
Gestimmt, die Melodie des Herzens zu begleiten.
Nur eine Sait' ist dran, die, wenn du scharf sie rührst,
Giebt einen Mißton an, den du im Herzen spürst.
Was willst du thun? du must, wenn du die schwachen Saiten
Nicht ganz vermeiden kannst, darüber leis' hingleiten.
Du hast ein liebes Herz, auch rein dir gleichgestimmt,
In dessen Widerklang sich deines ganz vernimmt.
Nur eine Sait' ist dran, die, wenn du scharf sie rührst,
Giebt einen Mißtou an, den du im Herzen spürst.
Willst du dein Herzen wie dem Saitenspiel nicht thun?
Laß die verstimmende verstimmte Saite ruhn.
38.
Wie, wer aus Finsterniß auf einmal tritt in's Licht,
Geblendet ist und sieht vor lauter Sehen nicht;
Und wie hinwiederum wer aus dem vollen Strahl
Des Tages plötzlich tritt in völlig dunkeln Saal: