Erste Stufe. Einkehr: 72., 73., 74., 75.

Sie hätten längst nun schon mit Schatten mich gelabt,
Mit goldner Früchte Lohn auch meinen Fleiß begabt.
Nun statt der Obstbaumzucht erzog ich Liederkeime,
Mir trugen weder Frucht noch Schatten all' die Reime.

                            73.

Du sagst: Die Rose blüht, es singt die Nachtigall;
  Doch siehst du hundert blühn, hörst hundertfachen Schall.
Doch alle Rosen sind in einer dir verschlungen,
  Die Nachtigallen all' in einer Kehl' erklungen.
So fühlt die Poesie in sich ein Dichter ganz,
  Und alle Schönheit sieht die Lieb' in Einem Glanz.

                            74.

Hauch Gottes, Poesie, o komm mich anzuhauchen,
  In deinen Rosendust die kalte Welt zu tauchen.
Was du anlächelst, lacht, was du anblickest, glänzt;
  Die Eng' erweitert sich, und Weites wird begränzt.
Durch dich ist ewig, was im Augenblick geschwunden,
  Was ich gelebt, gedacht, genossen und empfunden.

                            75.

Im Guten nicht allein, im Wahren auch und Schönen
  Spricht eine Stimme laut, die nichts kann übertönen.
Wie sie dir saget, ob du etwas recht gethan,
  Nicht abgewichen bist von des Gesetzes Bahn;
So sagt sie dir auch, ob du etwas recht erkannt,
  Nicht im verschlungnen Pfad des Irrthums dich verrannt;
Sie sagt dir auch, ob du der rechten Kunst gewaltet,
  Ein Gutes, Wahres klar in schöner Form gestaltet.
Den höchsten Beifall, den du deinem Handeln, Wissen
  Und Bilden selber giebst, nie mögest du ihn missen.