Da splüst du erst des Meers Untief' und Klipp' und Riff,
Worüber leichthin sonst geht dein Gedankenschiff.
Ja, alles findest du, die Qual ist höchst ergötzlich,
Jemehr du es verstehst, jmrinder übersetzlich.
107.
Was Allerbestes je von Weisen ward gesprochen,
Wie ein lebend'ger Quell aus ihrer Brust gebrochen,
War nie so allgemein gemeint, alswie es scheint,
Ein ganz Besonderes war stets damit vereint.
Doch das Besondre hat sich unserm Blick entzogen,
Die allgemeine Kraft ist nicht damit entflogen.
Gerade daß es aus besonderm Grunde ruht,
Macht, daß es nun die allgemeine Wirkung thut.
Aus Herzbedarf für Herzbedarf war es gesprochen,
Das fühlt dein Herz heraus und muß Theilnahme pochen.
108.
Wer Allgewöhnliches zum Ungewöhnlich-neuen
Durch's Wort verwandeln kann, wird dich durch's Wort erfreuen.
Und wer durch's Wort ein Unbetanntes zu verkehren
In ein Bekanntes weiß, der weiß dich zu belehren.
109.
So breit geworden ist nun Kunst und Wissenschaft,
Umfassen könnten sie nur Arme riesenhaft.
Man sollte sie der Welt in kurzen Auszug bringen;
Doch in die Knospe wer kann Rosen wieder zwingen?
Am besten wenigstens gäbst du, statt neuen Lenz,
O Dichter, uns von dir sogleich die Quintessenz.
Doch nur die Zeit —— o zieh du deinen Flor indessen --
Kann kochen Rosenöl und Rosenwasser pressen.