110.
Um mit Vertraun ein Wort zu wagen, mußt du dessen,
Was all des Schönen schon vorhanden ist, vergessen.
Gar es zu kennen nicht, wird dich noch mehr befein;
Doch wer kann, Schönes nicht zu kennen, sich verzeihn?
111.
Wenn du dein eignes Ich nur spiegelst, soll das mich
Erbauen? jeder sucht mit Recht im Spiegel sich.
Du mußt der Welt verzeihn, wenn sie dir nie verzeiht
Persönlichkeit, die nicht selbst wie die Welt ist weit.
112.
Schon ist Geringstes,, das die rechte Form gefunden,
Und werthlos Edelstes, von falscher Form gebunden.
Des Edelsteines Werth erhöht sie nicht allein,
Die Fassung selber macht hier erst den Edelstein.
113.
Die Unvollkommenheit der Sprach' hab' ich verachtet,
Und nach vollkommener, die ehmals war, geschmachtet.
Das göttliche Sanskrit ist im Prakrit gebrochen;
Demüthig stammelt dies, wo jenes kühn gesprochen.
Doch dem Geschick der Sprach' und Herzen dacht' ich nach,
Und bin zufrieden nun, daß jener Stolz zerbrach.
Nur Unvollkommenes kann den Vollkommnern preisen;
Demüthig lasset uns ihm stammeln unsre Weisen.
114.
Wie ein Botaniker nur von Profession
Bemerket, was uneingeweihtem Blick entflohn,
Der zarten Moose krausgeädertes Gewimmel,
Von andern übersehn als unscheinbarer Schimmel;