Zweite Stufe 14., 15., 16.

Aus jungen Augen sich die Welt stets neu entfaltet;
  Glaub's deinen alten nicht, sie sei mit dir gealtet.
Ein alter Vogel lernt nicht mehr; kommt her, ihr jungen,
  Und singen lernt von uns, doch nicht wie wir gesungen;
Nein, immer besser zu! denn Alles  muß auf Erden
  Doch immer besser, auch der Sang der Vögel werden.
Und macht ihr's besser nicht, so denkt doch daß ihr's macht
  Wir haben eben das zu userer Zeit gedacht.
Was ist die Aehnlichkeit, und was der Unterschied?
  Wir sangen, und ihr singt, das neuste schönste Lied.

                            15.

Die Jungen staun' ich an, die sich to jung beberden,
  Als fürchtetn sie nicht, noch hofften's, alt zu werden.
Wir aber wurden alt, und werden es, und sehn
  Mit Gott auch dies Geschlecht von Jungen noch vergehn.
Was wollen sie, daß sich die einen so titanisch
  Anstellen, andere geberden gar satanisch?
Die einen wollen vom gestürmten Himmel prallen,
  Die andern sind der Höll' in ihrer Brust verfassen.

                            16.

Was ist die Weite denn des Lebens und die Enge?
  Weit machst du dir's allein, eng macht es dir die Menge.
Wer aus dem dunkeln Ich noch nicht hinaus gekommen,
  Der fühlt sich eng in sich, dem mag die Weite frommen.
Dem ist die Weite leer, der fühlt sich voll in sich.
  Dich treibt verworrner Drang in's wirrende Gedränge;
Die Einheit nur ist viel, und wenig ist die Menge.
  Die Einheit ist nicht viel, sie selber ist das All;
Die Meng' ist wenig nicht, nichts ist der ganze Schwall.
  Das All und Eine hat ein Weiser im Allein;
Das Allgemeine selbst ist ohne All gemein.