Zweite Stufe 24., 25., 26., 27., 28.

Man sagt: Es klingt dein Ohr, wenn fern dein Ruhm ertönt;
  Doch schwache Dumpfheit ist's, wenn es von selber dröhnt.
Dir mög' es weder so noch so im Ohre gellen;
  Zufriedne Stille wohn' in deines Herzens Zellen!

                          25.

Von Lob und Tadel hängt mitnichten ab dein Adel,
  Doch eh'r als halbes Lob wünsch' ich dir ganzen Tadel.
Der Tadel spornet dich, den du gerecht erachtest,
  Und ungerechter kränkt dich nicht, den du verachtest.
Doch kahles Lob, wie zur Abspeisung nur bestimmt,
  Ein Brocken ist's, womit vorlieb ein Bettler nimmt.

                            26.

Wenn du den Muth verlierst, verlierest du die Kraft
  Zu wirken, und dein Werk verümmert krüppelhaft.
Wenn der gesunkne Muth auf einmal wieder steigt,
  Zu wilden Ranken ist alsbald der Trieb geneigt.
Drum bitte täglich Gott, daß er dich, streng wie gütig,
  Nie muthlos lasse sein, noth werden übermüthig.

                            27.

Wenn du dich anders willst als all' die andern kleiden,
  So sagt man, daß du dich auszeichnest unbescheiden.
Und sagst du, daß du's nur thust aus Bequemlichkeit,
  So wisse, daß man die noch minder dir verzeiht.

                            28.

Nie such' ich in der Nacht den Schlummer auf den Pfühlen,
  Ohn' erst mein liebstes Kind mit Händen anzufühlen.
Und wenn ich ihm befühlt die Hand und das Gesicht
  Im Dunkeln, ist's genug, zu sehen brauch ich's nicht.
Zwar weiß ich wohl, nichts wird ihm die Berührung nützen
  Wenn bessre Mächte nicht die Nacht-durch es beschützen.
Doch bildet' ich mir ein, hätt' ich es je versäumt.
  Ich hätt' böser Macht den Spielraum eingeräumt,
Un hatt' es deshalb auch nicht minder wohl geruht,
  Geschlafen hätt' ich selbst darum doch minder gut.