29.
Zu lesen lieb' ich nicht, was aneinander hängt,
So daß ein jeder Schritt zum andern vorwärts drängt;
Wo, wenn ich aus der Bahn hab einen Schritt gethan,
Ich sie verlor, und muß von vorne fangen an.
Zu lesen lieb' ich das, wo ich auf jedem Schritte
Zugleich am Anfang bin, am End' und in der Mitte;
Wo stillzustehen, fortzufahren, abzubrechen
In meiner Willkür steht, und mit darein zu sprechen.
Den Dichter lieb' ich, der für mich versteht zu pflanzen
Ein Ganzes, das besteht aus tausend kleinen Ganzen.
30.
Ihr dürft unanerkannt mich lassen nnd vergessen;
Doch wenn ihr an mich denkt, so sei es angemessen.
Daß ihr mich ehren sollt, hab' ich ja nicht begehrt;
Wenn ihr mich ehren wollt, so sei es ehrenwerth.
31.
Dem Federschneider.
Dich nehm' ich heute nicht zum Tischgenossen an,
Wenn du nicht deiner Pflicht erst hast genuggethan.
Der Wicht'gen großen Pflicht, die Federn mir zu schneiden,
Womit ich einige Gedanken will bekleiden.
Denn das ist dein Beruf, die Pfeile mir zu schnit;en,
Und ich verschieße sie, mit oder ohne Spitzen.
Was, fragt ein Leser, der nach Versen Hunger litt,
Schreilbt Rückert nichts? weil Kopp ihm keine Federn schnitt?
32.
So lang es in dir stürmt, so tröste dich: Du bist
Auch eine Speich' am Rad, das stets im Wirbel ist.
Und ward es still in dir, so magst du sanftgerührt
Zuschauer sein des Spieles, das dir die Welt aufführt.
Wenn als Mitspieler selbst du Beifall nicht erhieltest;
Du spieltest nicht umsonst, wenn du zur Lust dir spieltest.