Zweite Stufe 45., 46., 47., 48., 49.

Gleich einer Herberg' ist die Welt, in der am Abend
  Ein Reiter kehret ein, am Morgen weiter trabend.
Gleich einer Blume ist die Luft der Welt, die frühe
  Erblühet, und nicht ahnt, das; sie vor Nacht verblühe.

                          46.

Was diese Welt dir giebt, was diese Welt dir nahm;
  Macht dir das eine Luft, macht dir das andre Gram?
Was sie dir gab, davon mußt du einst Rechnung legen;
  Was sie dir nimmt, dein Lohn dafür ist Gottes Segen.

                          47.

Dem Manne steht es an, zu thun so viel er kann;
  Was zuthun mag das Glück, das liegt nicht an dem Mann.
Wenn er das Glück besiegt, wird seinem Muth gehuldigt;
  Und wenn er unterliegt, so ist er wohl entschuldigt.

                          48.

Was unterscheidet Kunst von Wissenschaft? Das Können;
  Dem muß der Vorrang doch das stolze Wissen gönnen.
Wohl weiß die Wissenschaft, wie etwas sollte sein,
  Doch machen kann sie's nicht, das kannst du, Kunst, allein.

                          49.

O glaube nicht, daß du nicht seiest mitgezählt;
  Die Weltzahl ist nicht voll, wenn deine Ziffer fehlt.
Die große Rechnung zwar ist ohne dich gemacht,
  Allein du selber bist in Rechnung mit gebracht.
Ja mitgerechnet ist auf dich in aller Weise;
  Dein kleiner Ring greift ein in jene größern Kreise.
Zum Guten, Schönen will vom Mangelhaften, Bösen
  Die Welt erlöst sein, und du sollst sie miterlösen.
Vom Bösen mache dich, vom Mangelhaften frei;
  Zur Güt' und Schöne so der Welten trägst du bei.