Zweite Stufe 86., 87., 88., 89., 90.

Weltweisheit, die nicht sich beweisen will der Welt,
  Noch in Veweisen vor der Welt sich wohlgefällt;
Weltweisheit, in der Welt Wegweiserdienst erweisend.
  Mild unterweisend hier, dort streng, wo's gilt, verweisend.

                          87.

Welt auszusprechen, welch ein Stück der Welt es sei,
  Tief oder hoch, groß oder klein, ist einerlei
Dem dichtrischen Beruf; es ist zu seinem Glück
  Die ganze große Welt in jedem kleinen Stück.

                          88.

Die Welt hat solche Schätz' im Innern aufgethan,
  Daß sie der Dichtkunst Form nun nicht mehr fassen kann;
Wie sonst die Dichtkunst wohl, was ist und war, umfaßte,
  Als noch ihr Maß mit dem der Welt zusammen paßte.
Doch nun begnügt sie sich, was sie nicht ausznbeuten
  Vermag, mit flücht'gem Schlag der Wuuschruth' anzudeuten.
Wenn auch den Vollgehalt die Form nicht in sich hält,
  Doch im Bewußtsein ruht die Fülle dieser Welt.

                          89.

In schöne Leiblichkeit Gedanken eingebären,
  Und in Gedankenduft ein Leibliches verklären,
Ist beides Poesie nach zwei verschiednen Seiten;
  Der mag auf dieser Bahn, und der auf jener schreiten.
Das Höchste doch gelingt, Vollkommenstes entspringt,
  Wo ganz, ursprünglich eins, sich beides rein durchdringt.

                          90.

Ich halb ein schlichtes Buch gelesen, unverziert,
  Unverschraubt, unverfälscht, unverphilosophirt.
Ansichten, Rücksichten, Absichten waren nicht,
  Aus Umsicht aber ward Einsicht und Uebersicht.
Man sah, der Sache war gesehen auf den Grund;
  Des Kenners Kunde gab sich dem Unkenner kund.
Das ist Philosophie, doch andere als die
  So hoch nun steckt ihr Ziel, daß sie's erreichet nie.