Zweite Stufe 105., 106., 107., 108., 109.

Philosophie, die man nicht fertig mit sich bringt,
  Die aus der Forschung selbst dem Forscher erst entspringt.
Philosophie, die will nicht machen selbst die Sachen,
  Fein zusieht ernst und still, wie sich die Sachen machen.

                          91.

O wende dich an das, mein liebendes Gedicht,
  Im Menschen, was vereint, an das, was trennet, nicht!
An das nicht, was nur trennt, und ew'ge Trennung stiftet,
  Der beiden Welten Heil mit heiligen! Gift vergiftet;
Was als das einzige Heil für hier des Staates Norm
  Anfstellen und für dort will eines Glaubens Form;
Daß vor dem heiligen unheiligen Kriege Frieden
  Und Glück zu finden sei nicht droben noch hienieden.
Von dieses Fiebers Frost, von dieses Fiebers Gluth
  Erstarrt der Menschheit Herz, versiegt ihr Lebensblut.
In diesen Todesfrost blas' einen warmen Hauch,
  Und einen klärenden in diesen dumpfen Rauch!
Das reine Menschliche im Menschen wend' hervor,
  Der ewigen Sonne zu den Liebesfrühlingsflor!
Daß sich die Menschheit einst fühl' Eins, wie einst sie war,
  Und wie sie noch sich fühlt in jedem jungen Paar.
Die; liebende Gefühl, auf's Leben ausgedehnt
  Und auf die Welt erstreckt, ist was der Geist ersehnt.
Hinweg, was zwängt und engt! herbei, was Bande sprengt,
  Und nur mit Liebesband Geist und Natur umfängt!

                          92.

Die Welt ist Gottes unausdenklicher Gedanke,
  Und göttlich der Beruf zu denken ohne Schranke.
Nichts in der Welt, das nicht Gedankenstoff enthält,
  Und kein Gedanke, der nicht mitbaut an der Welt.
Drum liebt mein Geist die Welt, weil er das Denken liebt
  Und sie ihm überall soviel zu denken giebt.

                          93.

Unglücklich ist nicht, wer der Erde Glück verlor,
  Und himmlisches dafür im Glauben sich erkor,