Zweite Stufe 117., 118., 119., 120., 121.

Man sieht sie an, allein, wer kann sie alle nennen,
  Erkennen ihren Werth, wie sie vorüber rennen?
Ich leb' in kleiner Stadt, sie ist mir fast zu groß;
  All' seine Nachbarn liebt man auf dem Dorfe bloß.
Dort hat man keine Wahl, man braucht die ganze Zahl:
 Hier stellt zumal die Qual sich ein mit Zahl und Wahl.
Ich aber ungequält hab' einen Freund gewählt,
  Der mir die Bücher wählt, daß mich die Zahl nicht quält.

                         118.

Gelegenheitsgedicht ist zu verachten nicht,
  Das der Gelegenheit Bedeutung recht ausspricht.
Genügt es nur dem Tag, so ist est schon zu loben,
  Doch für die Ewigkeit wird es nicht aufgehoben.
Nur wenn es Einiges im Zeitlichen enthält,
 Ist heut' es für das Fest und morgen für die Welt.

                         119.

Manch' falsches Wissen auch sollt ihr bei mir nicht missen;
  Warum? damit ihr seht: es kommt nicht an auf' Wissen.
Ein Irrthum irret ncht den wahren Drang des Strebens;
  So sei mit Gott dies Buch, und so das eures Lebens.

                         120.

Im Steigen ist die Zeit, auch wo sie scheint im Sinken;
  Das Ziel, nach dem sie steigt, das hohe seh' ich winken.
Anhöhn und Tiefen sind abwechselnd auf der Bahn,
  Doch jede Senkung ist Erhebung dort hinan:
  Zum Ziel geht jeder Schritt, der vorwärts wird gethan.

                         121.

Das Bißchen Dichterruhm, die späte Spätherbstaster,
  Wär' ein Unnützes Kraut und unwirksames Pflaster,
Wenn eine eigne Kraft nicht selber wohnte bei
  Der Poesie, zu sein des Herzens Arzenei.
In großer Trübsal hab' ich dies Hausmitt'l erprobt,
  Und wenig kümmert mich, ob es ein Krittler lobt.