Zweite Stufe 134., 135., 136., 137.

Mit Kunst und Weisheit wollt' in ihren eignen Grenzen
  Sich jede ründen, und mit eigner Schönheit glänzen.
Ohu' etwas von dem Gut der Nachbarin genommen
  Zu haben, jede hielt auf ihr's und war vollkommen.
Was hat sie nun bethört, den Haushalt so verstört,
  Daß keine recht mehr weiß, was recht ihr angehört?
Anmaßend haben sie begonnen auszuschweifen,
  Und jede will in's Reich der andern übergreifen.
Daraus entstanden ist Grenzstreitigkeit und Irrung,
  Und draußen überhand und drinnen nimmt Verwirrung.
Was eignes keine mehr will keiner mehr erlauben;
  Wie eine was erwarb, wird ihr's die andre rauben.
Daraus entblühn nun hie trostlose Zwitter, wie
  Poetische Prosa nnd prosaische Poesie.
Und der sie rügt, mein Ton, bist du nicht auch ein Zwitter?
  Aus zweien nicht gemischt, einst du die zwei als dritter.

                         135.

Zufrieden mit mir selbst, mit Gott und mit der Welt,
  Hab' ich das Gute nur zu thun, das mir gefällt.
Nicht als sei Gutes mir durchaus zu thun beschieden;
 Doch wollt' ich's gern nicht thun, wie wär' ich denn zufrieden?

                         136.

Umsonst ereiferst du dich gegen etwas heftig,
  Das todt für dich, doch für die Welt ist zauberkräftig.
Ein Wirkliches ist da, das Wirkungen verkünden,
  Nicht läugnen magst du es, nur suchen zu ergründen.
Ob es ein weißer nun, ob schwarzer Zauber sei,
  Begreifen mußt du ihn, so bist du zauberfrei.

                         137.

Was wird nun dieser Tag, der heutige, dir bringen?
  Was wird er lassen dir gelingen und mislingen?
Was wirst du Schönes sehn, was wirst du Wahres denken?
  Wohin wird Geist und Sinn sich heben und sich senken?
Was er auch bringen mag, du sammle den Ertrag!
 Ein jeder Tag ist für den Geist ein Erntetag.